Dienstag, 3. Dezember 2013

Einführungen

Ich werde immer wieder gefragt, welche Einführung in die Konsumgeschichte ich empfehlen könne. Auf dem Markt sind (in deutscher Sprache) die Bücher von Heinz-Gerhard Haupt (Konsum und Handel im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 2003), Wolfgang König (Kleine Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2008) und Christian Kleinschmidt (Konsumgesellschaft, Göttingen 2008). Eine Antwort fällt nicht ganz leicht, denn die Bücher setzen unterschiedliche Schwerpunkte. Das Wichtigste: Von keinem dieser Bücher würde ich dringend abraten. Alle sind von ausgewiesenen Fachleuten geschrieben und beruhen auf intimer Kenntnis der Materie. Allerdings enthält auch keines der Bücher alles das, was in meiner Vorlesung thematisiert wird. So fehlt z.B. in allen genannten Darstellungen eine ausführliche Diskussion der verschiedenen Rationierungssysteme im 20. Jahrhundert.
Unterschiede zwischen den einzelnen Darstelllungen betreffen den zeitlichen und räumlichen Rahmen. Eine europäische Perspektive bietet allein das Werk von Haupt, allerdings beschränkt auf Westeuropa. König thematisiert die USA und Deutschland im Vergleich, während Kleinschmidt die Anfänge der Konsumgesellschaft in der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive schildert, dann aber die Darstellung ohne weitere Begründung auf Deutschland beschränkt. Zeitlich holt Kleinschmidt am weitesten aus, während sich König und Haupt auf die Entwicklungen seit dem späten 19. Jahrhundert konzentrieren, diese dann aber z.T. ausführlicher darstellen. König, der von der Technikgeschichte her kommt, widmet den technischen Entwicklungen als Voraussetzungen der Konsumgesellschaft breiteren Raum als die beiden anderen, die stärker sozialhistorisch ausgerichtet sind.
Ein generelles Problem solcher Darstellungen besteht darin, dass sie sehr stark aus dem Blickwinkel der Gegenwart geschrieben sind und vor allem die Elemente des Konsums hervorheben, die als Vorläufer unserer heutigen Konsumgesellschaft gelten können, wie z. B. Warenhäuser, Werbung etc. Dagegen erhalten die historischen Alternativen zur „westlichen“ kommerziellen Konsumkultur nur teilweise Beachtung. Das gilt für die Rationierung wie die Arbeiter-Konsumgenossenschaften, die sich als Gegenentwurf zur kommerziellen Konsumkultur verstanden. Unbefriedigend sind auch die Behandlung der Selbstversorgung sowie die Ausführungen zur Begriffs- und Theoriegeschichte einschließlich der Geschichte der Konsumkritik. Aber letztlich handelt es sich eben nur um Einführungen, die gezwungen sind, Schwerpunkte zu setzen.

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